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Textilkunst - Wie aus kreativen Projekten große Ausstellungen entstehen - Teil 2 - Arbeiten in Serie

Alles, was wir tun, hat etwas damit zu tun, wie wir die Welt sehen. Wir scannen alles um uns herum. Sehen, was andere tun oder erleben und fragen uns, wie es wäre, wenn wir das für uns ausprobieren. Wir lernen miteinander, übereinander und untereinander wohin wir uns entwickeln möchten.

 

Wir werden mit dieser Neugier geboren. Unschuldige Wissbegierde sage ich dazu, denn wir gehen immer davon aus, dass es uns etwas Positives bringt, wenn wir offen durch die Welt gehen.

 

So geht es auch mir, und wenn ich dann etwas Positives erlebe, muss ich es immer mit der Welt um mich herum teilen. So kam es dann auch, dass ich die 100 Tage Challenge von Lisa Call total spannend fand und mich angemeldet habe. Nachdem ich sie am eigenen Leib erlebt habe, dachte ich sofort: Dieses Erlebnis muss ich mit anderen teilen.

 

Deshalb erzähle ich dir hier kurz über meine 100 Tage und dem, was daraus folgte, als ich es mit anderen Künstlerinnen teilte.

 

Der Start war unspektakulär, spannend wurde es erst später

Eine Auswahl der Bilder aus der 100 Tage Art Challenge 2018.
Eine Auswahl der Bilder aus der 100 Tage Art Challenge 2018.

Die Teilnahme an der 100 Tage Challenge war 2018 meine größte Herausforderung. Alle Teilnehmerinnen waren aufgerufen, jeden Tag in den kreativen Prozess abzutauchen und etwas zu erschaffen.

 

Die ersten Tage waren leicht, die Ideen kamen wie aus dem Nichts. Meine Arbeiten sollten 10 x 10 cm sein, das hielt ich für eine gute Größe, denn ich wollte ja jeden Tag einen kleinen Baum fertigen. Bei 20 x 20 cm wäre der Zeitaufwand zu groß gewesen.

 

Ich fing weiß und schwarz an. Das Bild links ist tatsächlich der 1. Tag. Das Bild unten rechts ist der letzte Tag. Die beiden Bäume dazwischen sind meine Lieblingsbäume.

 

Spannend wurde es, nachdem die ersten Ideen abgearbeitet waren.

  • Als ich nicht mehr wusste, was ich am nächsten Tag machen werde.
  • Als plötzlich etwas auf dem Tisch lag, was zu einer ganz neuen Idee führte.
  • Als die Experimente begannen und ich unzufrieden mit dem Ergebnis wurde, so wurde ich angetrieben, meine Kreativität weiter zu entwickeln.

Es gab Höhen und Tiefen in den 100 Tagen, zufriedene und unzufriedene Momente. Freude und Wut. Höhenflüge und Stümperei. Sind wir nicht alle manchmal unzufrieden mit dem, was wir kreieren?

 

Die gesamte Arbeit war nie für eine Ausstellung gedacht, noch nicht einmal zum Vorzeigen. Es ging mir ausschließlich um die Forschung und das Ausprobieren der eigenen Ideen. Mit dieser Freiheit hatte ich Gott sei Dank nie die Idee, dass jedes einzelne Stück perfekt werden soll. Erst als Gesamtwerk wurde es in meinen Augen schön.

 

Soll ich dir zeigen, wie das Werk aussieht, wenn man es nach den Tagen sortiert, an denen es entstanden ist? Besser nicht, ich finde es schrecklich.

 

Während des Projektes wurde mir aber klar, dass ich meine Erlebnisse gerne teilen möchte und diesmal nicht nur mit meinem engeren Umfeld. Ich schrieb deshalb eine Mail an das Magazin Patchwork Professional. Da es sich um ein textiles Werk handelte, dachte ich dort am ehesten auf Interesse zu stoßen. Tatsächlich war es so und ich erhielt innerhalb kürzester Zeit eine Rückmeldung.

 

Den Artikel, der daraus entstanden ist, steht in der Patchwork Professional No. 1/2019.

Na gut, ich zeige dir die 😫 Sicht auf die 100 Tage in kalendarischer Reihenfolge

1.000 Design Stunden später wurde es vorzeigbar, das ist das rechte Bild, was ich für die Ausstellung akzeptabel fand.

Ist es nicht faszinierend, dass wir immer so überkritisch mit uns selber sind 🤣.

 

Aus der 100 Tage Art-Challenge wurde mehr

Patchwork Professional 1/19, Karlsruhe 2019 und das Buch 2020.
Patchwork Professional 1/19, Karlsruhe 2019 und das Buch 2020.

Aus der Zusage für den Artikel wurde schnell mehr. Ich bat Lisa Call, den Artikel mit mir gemeinsam zu schreiben. Ich schickte ihr die Fragen und sie gab mir die Antworten und steuerte eine kleine Anleitung für tägliches Sketchen bei.

 

So enthält der Artikel für die Leser:innen neben der redaktionellen Geschichte auch zwei kleine Anleitungen. Die von Lisa und von meiner Seite eine Anleitung für das Nacharbeiten der kleinen Bäume.

 

Das Beste war aber, dass ich einen Aufruf ergänzen konnte, die Art-Challenge mit mir gemeinsam zu erleben. Statt 100 Tage habe ich sie auf 30 Tage reduziert.

 

Gleichzeitig erhielt ich eine Zusage, die Challenge auf der nächsten Nadelwelt zeigen zu können. Obwohl noch kein einziges Werk fertig war, fand ich das eine großzügige Geste.

 

Aber der Platz war begrenzt und so musste ich viele Bewerberinnen vor die Entscheidung stellen, die Challenge ohne Ausstellung mitzumachen oder nicht dabei zu sein. Mit diesem großen Ansturm hatten wir nicht gerechnet.

 

Und so gab es auch hier viele Höhen und ein paar Tiefen, die wohl dazugehören, wenn man mit einer Idee in die Öffentlichkeit geht. Was ich dabei gelernt habe, ist, dass dein Engagement IMMER gute Seiten und Schattenseiten haben wird. Dabei hilft dann nur, dich auf die Freude zu fokussieren.

 

Die Durchführung, der Trubel auf der Ausstellung und alles, was danach kam, waren die reine Freude.

 

Die Ausstellung in Karlsruhe 2019.
Die Ausstellung in Karlsruhe 2019.

Bei einer Art-Challenge  geht es um eine inhaltliche, künstlerische Entwicklung und die Erforschung eines Themas. Deshalb ging es im ersten Schritt für jede Teilnehmerin zunächst darum, ein Thema auszuwählen, an dem sie für die nächsten 30 Tage dran bleiben wollte. Danach musste noch ein Format für die täglichen Arbeiten gewählt werden.

 

Durch den Plan, das Ganze in einer Ausstellung zu präsentieren, musste ich einen maximalen Rahmen vorgeben.

 

Und dann legten alle los. Es war eine Freude, jeden Tag die Ergebnisse zu sehen. Die Motivation in der Gruppe stieg von Tag zu Tag. Für die Challenge hatte ich eine Gruppe auf Facebook eingerichtet, so konnte der Kontakt und die Verbundenheit untereinander aufgebaut werden.

 

30 Tage sind natürlich viel kürzer als 100 Tage, aber auch hier konnte man deutlich die Arbeit der ersten Tage von den späteren Arbeiten unterscheiden. Für einigen war es auch komplett neu, so lange an einem Thema zu arbeiten.

 

Als dann jede die 30 Tage fertig hatte, begann ein neuer Prozess. Genau wie bei mir mussten nun die 30 kleinen Arbeiten hin- und hergeschoben werden. Es wurden Kompositionen angelegt und wieder verworfen. Nach den 30 Tagen lag jetzt der Fokus darauf, wie und auf welchem Untergrund die Arbeiten arrangiert werden. Nach dem Designprozess im kleinen folgte der Designprozess im Großen.

 

Das war die Herausforderung nach der Challenge. Unsere Facebook Gruppe blieb bestehen und nun wurden Ideen, Farben, Hintergründe etc. gezeigt und diskutiert.

 

Jede einzelne Künstlerin hat in diesen Design-Prozess noch einmal so viel Hingabe und Liebe gesteckt. Denn für die Ausstellung hatte doch jede den Ehrgeiz, fertig zu werden und mit der Gesamtkomposition zufrieden zu sein.

 

Natürlich wurde das Ergebnis herausragend und jedes Werk konnte gebührend gefeiert werden!

DAS TEAM

Monika Kirk, Birgit KH, mein Mann und ich in Karlsruhe 2019.
Monika Kirk, Birgit KH, mein Mann und ich in Karlsruhe 2019.

Vor einer Ausstellung liegen 1.000 Dinge, hier ein paar davon:

 

Versicherung der Ausstellungsstücke

Schilder der Werke (Titel, Maße)

Don't touch Schilder

Preislisten

Holzleisten für die Hängung anfertigen

Visitenkarten

Werbemittel für die Ausstellung

Hängung planen (wer neben wem)

To Do Listen

 

Und dann ist es endlich so weit! Die Fahrt geht los und die Ausstellungsfläche wird in Augenschein genommen.

 

Das Hängungskonzept wird auf den Boden gelegt und die Hängung startet. Und dann stellt man fest, dass man fast den kompletten Plan über den Haufen wirft. Vor Ort und mit den weißen Wänden sieht alles noch einmal ganz anders aus. Und dann startet der komplette Designprozess noch einmal neu. Denn auch eine Ausstellung will komponiert werden, damit sie gut ist und jedes Werk darin glänzen darf.

 

Und dabei spielt dann eine wesentliche Rolle, welches Team du um dich herum hast und wie gut alles läuft, wenn die richtige Unterstützung vor Ort ist. Für mich waren das: Mein Mann, den ich hier sogar als ersten nennen möchte, da er den gesamten Prozess vor, während und nach der Ausstellung an meiner Seite war. Dann meine liebe Quiltfreundin Monika, mit der ich so viele schöne Erlebnisse teilen durfte. Leider weilt sie nicht mehr unter uns. Für mich wird sie immer ein wichtiger Teil meiner Erinnerung an diese Zeit sein. Und dann war da noch eine nicht einkalkulierte Unterstützung: Birgit. Sie war tatkräftig da und gehörte sofort mit zum Team. Ohne diese drei wäre die Ausstellung niemals so schön geworden.

 

Das große Team der Künstlerinnen steht natürlich bei allem an Position 1. Ohne sie wäre die ganze Ausstellung sinnlos gewesen. Alles miteinander machte den großen Erfolg aus.

 

Viele Künstlerinnen waren wechselweise vor Ort und führten mit den vielen Besuchern Gespräche. Das Feedback der über 10.000 Besucherinnen war unheimlich positiv. 

 

Ohne Fleiß, Engagement und Motivation hätte keine der Teilnehmerinnen am Ende so stolz sein können auf das eigene Werk. Deshalb waren sie am Ende alle zurecht stolz auf sich!

10 Gründe warum das Prinzip der Serie so überzeugend ist

  1. Du schulst deine Wahrnehmung intensiver, wenn du dich auf ein Thema fokussierst.
  2. Gibst du deinem Gehirn einen Auftrag (z. B. rote Autos) siehst du plötzlich viel mehr davon.
  3. Deine Arbeit geht tiefer und tiefer in die Materie hinein, mit der du dich auseinandersetzt, das ist wie ein Studium in einem speziellen Fach.
  4. Andere nehmen dich mit diesem Thema wahr und liefern dir Input, weil sie sofort an dich denken bei deinem Thema, so erhältst du zusätzliche Inspirationen von außen.
  5. Die Welt nimmt dich für dieses Thema war und sieht in dir die Expertin dafür. Du wirst angefragt und empfohlen, wenn es um das Thema geht.
  6. Aus dem Ansehen als Expertin folgen durchaus Aufträge z. B. für Interviews, Gastreden, Auftragsarbeiten etc.
  7. Du kannst beginnen, dein Thema zu unterrichten.
  8. Du beginnst Geld mit deiner Passion zu verdienen a) durch Unterrichten und/ oder b) durch Verkauf deiner Arbeiten.
  9. Du wirst zu einer Marke für deine Spezialisierung.
  10. Du lieferst qualitativ immer hochwertigere Arbeiten ab, weil du dich selber als Expertin wahrnimmst und viel mehr für dein Thema erreichen kannst, als du es dir am Beginn deiner Tätigkeit vorgestellt hast.

30 Tage Art-Challenge - das Buch

Das Buch zur 30 Tage ArtChallenge.
Das Buch zur 30 Tage ArtChallenge.

Am Ende führten die Challenges (drei, waren es insgesamt) zu einem Buch. Über 100 Teilnehmerinnen waren eingeladen, ein Foto ihrer Arbeit:en und einen kurzen Bericht ihrer eigenen Wahrnehmung der Challenge einzureichen.

 

Das Ganze wurde dann in dem Buch wie eine Dokumentation festgehalten. 53 stolze Teilnehmerinnen haben sich auf dieses zusätzliche Abenteuer eingelassen und so erschien 2020 dieses gedruckte Werk.

 

In meiner Jugend stellte ich mir immer vor, ein Buch zu schreiben, dass es eine Dokumentation von einer so wunderbaren Erfahrung wie der Durchführung von drei ArtChallenges werden würde, hatte ich mir dabei nicht vorstellen können.

 

Das Buch ist im Self-Publishing erschienen und kostet 26,99 €. Einfach auf das Buchcover klicken und du landest beim BoD Verlag.

 

Heute gibt es Challenges wie Sand am Meer und ich habe immer wieder Spaß daran, selber an manchen teilzunehmen. Jede bringt neue Erfahrungen mit sich.

 

Diese Künstler:innen sind für mich Vorbilder für das Arbeiten in Serie

Lisa Call (Original), Agnes Martin, Sean Scully und Andre Nadal (Original).
Lisa Call (Original), Agnes Martin, Sean Scully und Andre Nadal (Original).

1. An die erste Stelle gehört für mich Lisa Call. Dieses kleine Kunstwerk habe ich von ihr gekauft. Es heißt: Postcards from Thailand #5 und ist aus 2014. Bei Lisa habe ich das Thema Arbeiten in Serie für mich entdeckt. So kam ich zu meinen Bäumen.

 

2. Agnes Martin ist MEINE absolute Lieblingskünstlerin. Ich bin so froh, dass ich ihre Werke im Original sehen durfte. Ich schäme mich nicht zu erzählen, dass ich vor ihren Werken stand und mir die Tränen kamen. So sehr berührte mich die Ruhe, die aus ihren Bildern strahlt.

 

3. Sean Scully begleitet mich ebenfalls schon viele Jahre. Bei ihm kenne ich die Arbeiten nur aus Büchern. Ich denke, ich sollte mal nach einer Ausstellung von ihm Ausschau halten.

 

4. Auf der Affordable Art Fair in Hamburg entdeckte ich den Franzosen Andre Nadal. Seine Linien waren damals genau das, was ich mit Quiltnähten versuchte. Ich war so fasziniert, dass ich mir ein Original kaufte. Es hängt in unserem Wohnzimmer neben dem Sessel, an dem ich z. B. Blogartikel wie diesen schreibe oder meine Ziele festhalte. Unser Leben durch die Kunst begleiten zu lassen, ist das Schönste, was wir für uns tun können.

Diese 3 Bücher von "Serien" Künstler:innen, würde ich noch einmal kaufen

Cas Holmes, Claire Wellesley-Smith und Judith Mundwiler.
Cas Holmes, Claire Wellesley-Smith und Judith Mundwiler.

Hier meine 3 Lieblingsbücher unter dem Aspekt Arbeiten in Serie:

 

1. Cas Holmes ist ebenfalls eine Künstlerin, die dem Prinzip der Serie folgt. Ich durfte sie in Karlsruhe kennenlernen und ihre Arbeiten bewundern. Natürlich habe ich auch ein Original für mich erstanden 😍. Ihr Buch Stich Stories ist eine wunderbare Anleitung für sehr persönliche textile Arbeiten.

 

2. Slow Stich von Claire Wellesley Smith ist ebenfalls ein faszinierendes Buch, wenn du mit alternden Stoffen, deiner stickenden Handschrift und viel Zeit herausragende Kunstwerke fertigen möchtest.

 

3. Die Kontinuität lässt deine Kreativität wachsen, das zeigt eindrucksvoll das Buch Textile Kostbarkeiten von Judith Mundwiler. Sie stellt in diesem Büchlein faszinierende Bilder aus der Natur ihren Werken gegenüber. Die Natur ist eine unendliche Inspirationsquelle, das kann man bei ihren Arbeiten eindrucksvoll sehen.

 

Meine 3 Pinterest Boards, die zu diesem Thema passen

Künstler:innen die in Serie arbeiten, Leben mit Kunst, Künstlerinnen-Leben.
Künstler:innen die in Serie arbeiten, Leben mit Kunst, Künstlerinnen-Leben.

Auf Pinterest sammle ich gerne meine Inspirationen auf Boards. Hier findest du drei meiner Themenboards:

 

1. Künstlerinnen, die in Serie arbeiten. Klicke einfach hier und du landest auf meinem >> Künstlerinnen, die in Serie arbeiten Board

 

2. Da ich selber das Leben mit Kunst liebe, finden sich auf meinem Leben mit Kunst-Board auch viele Ideen für die Hängung > Leben mit Kunst < klick

 

3. Zur Inspiration schaue ich auch immer wieder an, wie Künstlerinnen in ihren Räumen arbeiten > Künstlerinnen Leben < klickDie

Dir hat Teil 2 zum Thema Bäume gefallen, dann lies doch gerne in Teil 3 weiter, da geht es um das Thema:

Mixed Media

 

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Hier geht es zu Teil 1


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